Einbürgerung als ‚Integrationsbooster‘ für Geflüchtete
Über das Projekt
Den deutschen Pass zu bekommen, kann das Leben von Menschen mit Fluchtgeschichte positiv verändern. Bisher war der Weg zur Einbürgerung in Deutschland jedoch oft langwierig, aufwendig und mit einigen Herausforderungen verbunden, unter anderem aufgrund struktureller Probleme in der Verwaltung. Angesichts jahrelanger politischer Diskussionen über die Modernisierung und Reformierung des Staatsbürgerschaftsrecht zielt dieses Projekt darauf ab, die Einbürgerungspraxis und die Erfahrungen von Flüchtlingen mit ihrer Einbürgerung in Deutschland genauer zu untersuchen. Um einen umfassenden Überblick über diese hochrelevante Thematik zu bekommen, werden drei verschiedene Forschungsperspektiven miteinander verknüpft:
1. Einbürgerung aus der Perspektive von Geflüchteten
Menschen mit Fluchthintergrund in Deutschland weisen eine im Vergleich zu anderen Gruppen deutlich erhöhte Einbürgerungsneigung auf. Diese lässt sich insbesondere am Beispiel der vor allem 2015/16 zugewanderten Gruppe der Syrerinnen und Syrer beobachten. Einbürgerungen gelten als integrationsfördernd, insbesondere für ökonomisch oder statusbedingt benachteiligte Herkunftsgruppen. Jedoch gibt es bislang nur wenig Wissen über die Beweggründe dieser Personengruppe, warum sie sich für eine Einbürgerung entscheidet und wie sich eine Einbürgerung auf ihr Leben auswirkt, vor allem hinsichtlich ihrer Teilhabe und Identität in Deutschland. Zudem ist bisher unklar, wie sich die im Jahr 2024 beschlossenen Reformen des Staatsangehörigkeitsrechts auf die Einbürgerungsabsichten und das Einbürgerungsverhalten bei Menschen mit Fluchthintergrund auswirken werden.
Um diese Lücke zu schließen und diese Veränderungen wissenschaftlich zu erfassen, führt der wissenschaftliche Stab des SVR ein Forschungsprojekt durch, das das Einbürgerungsverhalten von Geflüchteten und die Bedeutung der Einbürgerung für den Integrationsprozess von Geflüchteten vertieft untersucht. Das Projekt zielt darauf ab, umfangreiche Daten auszuwerten und qualitative Interviews mit den bei einer Einbürgerung beteiligten Personen durchzuführen.
2. Einbürgerung als Verwaltungsaufgabe
Die administrative Umsetzung von Einbürgerungen ist ein wichtiger Bestandteil des Integrationsmanagements von Ländern und Kommunen. Die steigende Anzahl von Einbürgerungsanträgen sowie administrative Umstrukturierungen und Reformprozesse stellen bestehende Verwaltungsstrukturen vor große Herausforderungen. Länder und Kommunen entwickeln Lösungsansätze, um den Zugang zur Einbürgerung, insbesondere für Geflüchtete, zu verbessern. Im Projekt werden praktische und strategische Herangehensweisen der Behörden auf die Thematik vertieft untersucht.
3. Deutschland im internationalen Vergleich
Im Vergleich zu anderen Einwanderungsländern sind die Einbürgerungszahlen in Deutschland vergleichsweise niedrig. Im Forschungsprojekt wird daher die Situation Deutschlands auch mit der in Schweden und Frankreich verglichen, wo die Einbürgerung von Flüchtlingen eine bedeutende Rolle spielt oder gespielt hat. Der internationale Vergleich strebt an herauszufinden, ob und welche Lehren aus den Vergleichsländern für das Integrationsmanagement in Deutschland gezogen werden können.
Ziele des Projekts
Das von der Stiftung Mercator geförderte Projekt möchte das Verständnis für das Einbürgerungsverhalten von Geflüchteten auf Grundlage von wissenschaftlichen Erkenntnissen verbessern und konkrete Lösungsansätze entwickeln, um den Einbürgerungsprozess zu optimieren und die Integration vor Ort zu stärken.
Die Befunde und Handlungsempfehlungen des Projekts werden in einer Reihe von Publikationen und Veranstaltungen mit Stakeholdern in Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sowie der breiteren Öffentlichkeit geteilt.