Kritik am Integrationsgipfel
Chance zur Eindämmung von Integrationshysterie verpaßt -Integrationsgipfel Mischung von Zuckerbrot und Peitsche – SVR vermisst konzeptorientierte Führungsstärke – Aktionsplan wichtig, aber zu spät – Bundespräsident Wulff klarer und mutiger als Bundesregierung.
Der Vorsitzende des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR), Prof. Dr. Klaus J. Bade, erklärt:
Der vierte ‘Integrationsgipfel’ war eine Mischung von Zuckerbrot und Peitsche, bei dem die Bundeskanzlerin zur Abwechslung schon mal in umgekehrter Wortfolge von ‘Fordern und Fördern’ sprach.
Wichtiger als moralisierende Konzessionen an die grundlose neue Integrationshysterie sind konzeptorientierte Führungsstärke und entschiedene Hand-lungsbereitschaft nach klaren Zielvorgaben. Davon war im Vorfeld wenig zu hören, abgesehen von der FDP mit ihrer Forderung nach verkürzten Einbürgerungszeiten und Zuwanderungssteuerung nach einem modifizierten Punktesystem. Der auf dem Gipfel angekündigte ‚Aktionsplan‘ der Bundesregierung, der auch die Bundesländer einbeziehen soll, ist wichtig, wäre aber heute schon umzusetzen und nicht erst in einem Jahr in der Planung abzuschließen. Bundespräsident Wulff war in seiner Bremer Integrationsrede mutiger und klarer als die Bundesregierung auf ihrem Integrationsgipfel.
Eine Chance wurde vertan: Das Ereignis glich einem Kinobesuch. Gezeigt wurde der Film ‚Integrationsgipfel‘, eine improvisierte Bergtour ohne klare Route. Die Seilschaft bot ein Gruppenbild mit Dame. Die Gruppe waren die der bei der Querschnittsaufgabe Integrationspolitik engagierten Schlüsselressorts Arbeit, Bildung, Familie und Inneres. Die bergführende Dame war die Bundeskanzlerin, assistiert von Staatsministerin Böhmer, die kein Ressort, aber wenigstens das Wort Integration im Titel führt. Der gemeinsame Aufstieg war auch ein Tasten mit Stangen im Nebel der medialen Integrationshysterie. Auf dem Gipfel warteten Gabentische der beteiligten Ressorts mit einer bunten Mischung von Zuckerbroten und Peitschen, nämlich von Investitionserhöhungen in den jeweiligen Förderungsbereichen und Sanktionsdrohungen gegen sogenannte ‚Integrationsverweigerer‘, von denen ausführlich die Rede war.
Millionen Einwanderer haben sich jahrzehntelang in diesem Land still und erfolgreich integriert, ohne dass Politik jenseits der kommunalen Ebene viel dazu beigetragen hätte. Angesichts dieser millionenfach erfolgreichen Integrationsbilanz sind diffuse Drohgebärden fehl am Platz da sie die Falschen diskreditieren und demotivieren. Sogenannte ‚Integrationsverweigerer‘ sind die Ausnahmen. Sie bestätigen nur die Regel der weitgehend erfolgreichen Integration.
Das Pressestatement als Download:
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Über den Sachverständigenrat
Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration geht auf eine Initiative der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung zurück. Ihr gehören acht Stiftungen an. Neben der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung sind dies: Bertelsmann Stiftung, Freudenberg Stiftung, Gemeinnützige Hertie-Stiftung, Körber-Stiftung, Vodafone Stiftung und ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. Der Sachverständigenrat ist ein unabhängiges und gemeinnütziges Beobachtungs-, Bewertungs- und Beratungsgremium, das zu integrations- und migrationspolitischen Themen Stellung bezieht und handlungsorientierte Politikberatung anbietet. Die Ergebnisse seiner Arbeit werden in einem Jahresbericht veröffentlicht.