Einwanderungsgesetz ist ein klares Willkommenssignal
Deutschland hat in den vergangenen Jahren seine Arbeitsmigrationspolitik weitgehend liberalisiert und sich zu einem Einwanderungsland entwickelt. Im Ausland wird das aber noch zu wenig wahrgenommen. Ein Einwanderungsgesetz wäre ein starkes Signal, dass sich Deutschland ausdrücklich als Einwanderungsland versteht.
Berlin, 28. Januar 2015. „Ein Einwanderungsgesetz wäre ein klares politisches Signal, dass sich Deutschland ausdrücklich als Einwanderungsland versteht. Das würde auch ins Ausland ausstrahlen“, sagte die SVR-Vorsitzende Prof. Dr. Christine Langenfeld zur aktuellen Debatte um ein Einwanderungsgesetz. „Denn im Ausland ist der Wandel Deutschlands von einem eher restriktiven zu einem liberalen Einwanderungsland noch nicht durchgehend angekommen.“ Mit dem Begriff Einwanderungsgesetz könnten die liberalisierten Zuzugsmöglichkeiten für Hochqualifizierte und Fachkräfte im Ausland offensiver bekannt gemacht werden. „Daher wäre ein Einwanderungsgesetz ein Gewinn, auch wenn grundsätzlich neue Regelungen nicht erforderlich sind. Dies heißt aber nicht, dass kein Bedarf für Neuregelungen im Detail besteht. Zentral ist hier vor allem, dass die Anerkennung beruflicher Qualifikationen und das Einwanderungsrecht stärker aufeinander abgestimmt werden. Das gilt insbesondere für die Zuwanderung von nichtakademischen Fachkräften. Hier ist es insbesondere wichtig, auch verstärkt Teilanerkennungen vorzusehen und dies mit der Möglichkeit der Nachqualifikation in Deutschland zu verbinden. Die entsprechenden Gesetzentwürfe liegen bereits auf dem Tisch“, sagte Langenfeld.
„Ein Einwanderungsgesetz ist eine Chance, weil es zu einer Verständigung darüber führen kann, in welchen Bereichen wir welchen Bedarf an Zuwanderung haben“, sagte Langenfeld. „Dies sollte im Rahmen eines Nationalen Aktionsplans Migration vereinbart werden.“ Regierung, Arbeitgeber und Gewerkschaften sowie Universitäten sollten sich an einen Tisch setzen und sich über den Bedarf an Zuwanderung verständigen. Hierbei sollten die unterschiedlichen Wege nach Deutschland, d.h. die Zuwanderung aus Drittstaaten und der EU zusammen betrachtet werden mit der Arbeits- und Bildungsmigration. Dabei sollte auch die humanitäre Migration berücksichtigt werden, denn anerkannte Asylbewerber und Flüchtlinge können wertvolle Qualifikationen einbringen.
„Den Wandel zur Einwanderungsgesellschaft zu gestalten, wird eine der größten Herausforderungen der kommenden Jahre“, sagte Langenfeld. Es bedürfe daher einer breiten gesellschaftlichen Debatte über Einwanderung und die Veränderungen, die damit einhergehen. „Wir brauchen ein breit getragenes Selbstverständnis, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. Einwanderungsland zu sein, ist eine Grundsatzentscheidung. Dazu gehört auch, offensiv dafür zu werben, dass Einwanderer gleichberechtigte Staatsbürger werden, d.h. sich einbürgern lassen und sich an der Gestaltung der Gesellschaft aktiv beteiligen. Das ist notwendig für den inneren Zusammenhalt einer immer vielfältiger werdenden Einwanderungsgesellschaft.“
Oft in einem Atemzug mit der Forderung nach einem Einwanderungsgesetz genannt wird der Vorschlag, ein Punktesystem nach kanadischem Vorbild einzuführen. Dem erteilte die SVR-Vorsitzende eine klare Absage: „Kanada hat sich längst von einem klassischen Punktesystem verabschiedet.“ Da viele Zuwanderer, die über das Punktesystem nach Kanada kamen, den Einstieg in den Arbeitsmarkt nur unter ihrem Qualifikationsniveau schafften, hat Kanada das Punktesystem schon vor Jahren mit dem Vorliegen eines Arbeitsvertrags verknüpft. „Zwischen Deutschland und Kanada hat damit im Bereich der Arbeitsmigration ein Annäherungsprozess stattgefunden“, sagte Langenfeld. Beispielsweise habe Deutschland 2012 erstmals eine Möglichkeit für Akademiker aus Drittstaaten geschaffen, ohne Arbeitsvertrag für sechs Monate zur Jobsuche einzureisen. „Leider wird diese Option bislang kaum genutzt. Da muss etwas geschehen“, sagte Langenfeld. Man könnte etwa daran denken, diese Möglichkeit durch Maßnahmen zu flankieren, die es einem potentiellen Einwanderer erleichtern, innerhalb dieser sechs Monate auch tatsächlich einen Arbeitsplatz zu finden. „Im Ergebnis haben Deutschland und Kanada jetzt also ein Mischsystem, wonach sowohl die Qualifikation als auch eine starke Erdung am Arbeitsmarkt Voraussetzung für Zuwanderung sind.“ Deutschland sollte im Grundsatz daran festhalten, dass die Zuwanderung aus Drittstaaten an einen vorhandenen Arbeitsplatz und eine berufliche Qualifikation geknüpft ist. „Ein klassisches Punktesystem ist für Deutschland nicht geeignet.“
Das Pressestatement können Sie hier herunterladen:
PM SVR zum Einwanderungsgesetz
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Über den Sachverständigenrat
Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration geht auf eine Initiative der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung zurück. Ihr gehören sieben Stiftungen an. Neben der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung sind dies: Bertelsmann Stiftung, Freudenberg Stiftung, Robert Bosch Stiftung, Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und Vodafone Stiftung Deutschland. Der Sachverständigenrat ist ein unabhängiges und gemeinnütziges Beobachtungs-, Bewertungs- und Beratungsgremium, das zu integrations- und migrationspolitischen Themen Stellung bezieht und handlungsorientierte Politikberatung anbietet. Die Ergebnisse seiner Arbeit werden in einem Jahresgutachten veröffentlicht.
Dem SVR gehören neun Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen und Forschungsrichtungen an: Prof. Dr. Christine Langenfeld (Vorsitzende), Prof. Dr. Ludger Pries (Stellvertretender Vorsitzender) sowie Prof. Dr. Gianni D’Amato, Prof. Dr. Thomas K. Bauer, Prof. Dr. Wilfried Bos, Prof. Dr. Claudia Diehl, Prof. Dr. Heinz Faßmann, Prof. Dr. Christian Joppke und Prof. Dr. Hacı Halil Uslucan.