Pressemitteilung Sachverständigenrat

SVR: Erleichterter Zuzug für Hochqualifizierte ist überfällig

Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) begrüßt die überfällige Umsetzung der Hochqualifiziertenrichtlinie der EU und weitere erhebliche Verbesserungen für die Zuwanderung von Fachkräften. Mit der Blue Card werden Deutschland und Europa für Hochqualifizierte aus Drittstaaten attraktiver. Verbesserte Bleibemöglichkeiten für internationale Absolventen deutscher Hochschulen sind positiv. Aber weitere Reformschritte nötig, besonders der erleichterte Zugang für Fachkräfte mit Berufsausbildung und die bessere Bewerbung der Zuwanderungsmöglichkeiten.

Berlin, 26. April 2012. Der Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Hochqualifiziertenrichtlinie, den der Bundestag am Freitag verabschieden wird, ist ein wichtiger Schritt, um den Zuzug hoch qualifizierter Fachkräfte nach Deutschland zu erleichtern. Die Blue Card als neuer Aufenthaltstitel steigert die Attraktivität der EU-Staaten für Fachkräfte aus Drittstaaten, da sie ihre Mobilität innerhalb der EU erhöht.

„Wir werden immer besser, aber wir kommen politisch immer unnötig spät“, sagte der SVR-Vorsitzende Prof. Dr. Klaus J. Bade. „Der erleichterte Zuzug für hoch qualifizierte Fachkräfte war überfällig. Mit den jetzt vorliegenden Gehaltsgrenzen, dem Verzicht auf die Vorrangprüfung und der klaren Perspektive für einen Daueraufenthalt werden auch langjährige Forderungen des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration erfüllt.“ Zweierlei sei weiterhin nötig zur Sicherung des Fachkräftebedarfs: „Wir müssen alle inländischen Potenziale mobilisieren. Über die EU-Zuwanderung hinaus, die schon mehr als die Hälfte aller Zuwanderungen nach Deutschland stellt, müssen wir auch für Fachkräfte aus Drittstaaten attraktiver werden.“ 

Der Gesetzentwurf mit Änderungsantrag der Regierungsfraktionen sieht in Deutschland erstmals die Einführung einer sechsmonatigen Aufenthaltserlaubnis zur Arbeitsuche vor. „Damit können Akademiker auch ohne Arbeitsvertrag nach Deutschland kommen, um einen Job zu finden. Von der Regelung werden vor allem mittelständische Unternehmen profitieren, die sonst kaum Möglichkeiten haben, Bewerber direkt aus dem Ausland zu gewinnen“, sagte Dr. Gunilla Fincke, Direktorin des SVR-Forschungsbereichs. Damit folgt Deutschland dem internationalen Trend eines Mischsystems von arbeitgeber- und angebotsorientierten Elementen der Zuwanderungssteuerung.

Als „nicht weitreichend genug“ bezeichnete Fincke die sogenannte Genehmigungsfiktion bei der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für Fachkräfte nach § 18 Aufenthaltsgesetz. Zwar muss die Bundesagentur zukünftig innerhalb von zwei Wochen den Bescheid zur Vorrangprüfung erstellen, andernfalls gilt die Vorrangprüfung automatisch als bestanden; für die Gesamtverfahrensdauer zur Bearbeitung des Antrags durch die Ausländerbehörde wird es jedoch keine Höchstgrenze geben. Die Verfahrensdauer bleibe für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer schlecht kalkulierbar.

Positiv sind die Erleichterungen für den Verbleib internationaler Absolventen inländischer Hochschulen, die der SVR in seinem Jahresgutachten 2011 gefordert hatte. Absolventen werden künftig 18 statt bisher zwölf Monate Zeit haben, nach dem Studium einen angemessenen Job zu finden und dürfen in dieser Zeit unbeschränkt einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Der SVR drängt aber auf eine weitere Flexibilisierung dieser Suchphase, die in Deutschland bei Studienabschluss beantragt werden muss. In anderen europäischen Ländern wie z.B. den Niederlanden können Masterabsolventen diese bis zu drei Jahre nach dem Abschluss in Anspruch nehmen. Der SVR-Forschungsbereich hatte zu den Bleibeabsichten internationaler Studierender zwei Studien vorgelegt.

Der SVR-Vorsitzende Bade forderte die Bundesregierung darüber hinaus zu weiteren kraftvollen Reformschritten auf. „Deutschland braucht auch Fachkräfte ohne Hochschulabschluss. Daher sollten die Regelungen der Blue Card in einigen Bereichen auch für Fachkräfte mit Berufsausbildung geöffnet werden. Zudem muss das Zuwanderungsrecht insgesamt vereinfacht werden.“ Notwendig sei vor allem aber eine Informationsoffensive über Zuwanderungsmöglichkeiten für Fachkräfte nach Deutschland. „Die Zuzugsmöglichkeiten für ausländische Fachkräfte nach Deutschland sind besser als ihr Ruf“, so Bade. „Aber es gilt: Tue Gutes und rede darüber!“ Das reiche von einem mehrsprachigen zentralen Informationsportal bis zur Einstellung von Fachkräftebeauftragten in den deutschen Konsulaten.

Die Pressemitteilung als Download:
PM-Hochqualifiziertenrichtlinie

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Über den Sachverständigenrat

Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration geht auf eine Initiative der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung zurück. Ihr gehören acht Stiftungen an. Neben der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung sind dies: Bertelsmann Stiftung, Freudenberg Stiftung, Gemeinnützige Hertie-Stiftung, Körber-Stiftung, Vodafone Stiftung und ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. Der Sachverständigenrat ist ein unabhängiges und gemeinnütziges Beobachtungs-, Bewertungs- und Beratungsgremium, das zu integrations- und migrationspolitischen Themen Stellung bezieht und handlungsorientierte Politikberatung anbietet. Die Ergebnisse seiner Arbeit werden in einem Jahresgutachten veröffentlicht.

Dem SVR gehören Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen und Forschungsrichtungen an: Prof. Dr. Klaus J. Bade (Vorsitzender), Prof. Dr. Ursula Neumann (Stellv. Vorsitzende) sowie Prof. Dr. Gianni D’Amato, Prof. Dr. Thomas K. Bauer, Prof. Dr. Wilfried Bos, Prof. Dr. Heinz Faßmann, Prof. Dr. Yasemin Karakaşoğlu, Prof. Dr. Christine Langenfeld, Prof. Dr. Ludger Pries, Prof. Dr. Werner Schiffauer.