Pressemitteilung - Sachverständigenrat

SVR zu stagnierenden Einbürgerungszahlen: Grundlegende Reform des Staatsangehörigkeitsrechts notwendig

Zu den heute veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zu Einbürgerungen im Jahr 2013 erklärt Prof. Dr. Christine Langenfeld, Vorsitzende des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR):

„Die in den letzten Jahren beobachtbare Dynamik bei den Einbürgerungszahlen hat sich mittlerweile verlangsamt und ist 2013 fast zum Erliegen gekommen. Im internationalen Vergleich gehört Deutschland damit im Bereich der Einbürgerung weiterhin zu den Schlusslichtern. Dies sollte Anlass für die Politik sein, politisch nachzusteuern und ein Staatsangehörigkeitsrecht zu entwickeln, das auch die Grundlage für deutschlandweit wieder steigende Einbürgerungszahlen schafft. Gleichzeitig zeigt sich aber am Beispiel der Hamburger Einbürgerungskampagne, dass bei entsprechenden Bemühungen seitens der Politik die Einbürgerungszahlen signifikant gesteigert werden können. Willkommenskultur muss auch hier aktiv umgesetzt werden.

Für zahlreiche Betroffene ist ein wichtiges Argument gegen eine Einbürgerung die Pflicht, dafür die Staatsangehörigkeit ihres Herkunftslandes aufgeben zu müssen. Allerdings existieren gute Gründe, die gegen eine generelle und bedingungslose Hinnahme der doppelten Staatsbürgerschaft sprechen. Problematisch ist dabei vor allem, dass es dann zu einer Anhäufung von Mehrfachstaatsangehörigkeiten im Generationenverlauf und zu einer unendlichen Vererbung der Staatsangehörigkeit des Herkunftslandes an Menschen kommt, die über keinerlei reale Bindungen mehr an das Land der Großväter, Urgroßväter oder Ururgroßväter verfügen.

Mit dem vom SVR vertretenen Modell einer „doppelten Staatsbürgerschaft mit Generationenschnitt“ lassen sich beide scheinbar im Widerspruch stehenden Ziele erreichen:
Doppelte Staatsbürgerschaft auch bei Einbürgerung einerseits und Vermeidung einer unendlichen Vererbung der Staatsangehörigkeit des Herkunftslandes im Generationenverlauf andererseits. Die Betroffenen müssten dann bei der Einbürgerung ihre bisherige Staatsangehörigkeit nicht mehr aufgeben. Bei der Umsetzung dieses Modells wäre die Politik allerdings auf die Mitwirkung der Herkunftsländer angewiesen, die als Voraussetzung für die Akzeptanz der doppelten Staatsangehörigkeit auch bei Einbürgerung in Deutschland ihrerseits sicherstellen müssten, dass eine automatische Weitergabe der Staatsangehörigkeit über das ius sanguinis im Generationenverlauf unterbunden wird. Eines der zentralen Argumente gegen die Akzeptanz der doppelten Staatsbürgerschaft bei Einbürgerung wäre dann entfallen.

Mit der kürzlich beschlossenen Reform des Staatsangehörigkeitsrechtes hat die Politik zwar einen Schritt in die richtige Richtung unternommen. Sie bleibt aber auf halbem Weg stehen, denn gerade bei der Einbürgerung bleibt alles beim Alten. Es ist zu hoffen, dass die heute vom Statistischen Bundesamt berichtete Stagnation bei den Einbürgerungszahlen die Politik noch einmal veranlasst, über eine grundlegende Reform des Staatsangehörigkeitsrechtes nachzudenken.“

Das Pressestatement können Sie hier herunterladen:
pressestatement_svr-vorsitzende_einbuergerungszahlen

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Über den Sachverständigenrat
Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration geht auf eine Initiative der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung zurück. Ihr gehören acht Stiftungen an. Neben der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung sind dies: Bertelsmann Stiftung, Freudenberg Stiftung, Gemeinnützige Hertie-Stiftung, Körber-Stiftung, Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und Vodafone Stiftung Deutschland. Der Sachverständigenrat ist ein unabhängiges und gemeinnütziges Beobachtungs-, Bewertungs- und Beratungsgremium, das zu integrations- und migrationspolitischen Themen Stellung bezieht und handlungsorientierte Politikberatung anbietet. Die Ergebnisse seiner Arbeit werden in einem Jahresgutachten veröffentlicht.

Dem SVR gehören neun Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen und Forschungsrichtungen an: Prof. Dr. Christine Langenfeld (Vorsitzende), Prof. Dr. Ludger Pries (Stellvertretender Vorsitzender) sowie Prof. Dr. Gianni D’Amato, Prof. Dr. Thomas K. Bauer, Prof. Dr. Wilfried Bos, Prof. Dr. Heinz Faßmann, Prof. Dr. Yasemin Karakaşoğlu, Prof. Dr. Ursula Neumann und Prof. Dr. Hacı Halil Uslucan.