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Blue Card: offensive Einwanderungspolitik für Deutschland

Berlin, November 2014. Nach vielen Jahren einer bestenfalls zögerlichen Haltung gegenüber Arbeitsmigration hat Deutschland in den letzten Jahren einen rapiden Politikwechsel von Einwanderungsabwehr zu Einwanderungswerbung vollzogen. Seit August 2012 verfügt Deutschland auf der gesetzlichen Ebene über Zuzugsmöglichkeiten, die im internationalen Vergleich liberal und offen sind. Besonders die Blue Card, die im Rahmen der Umsetzung der Hochqualifizierten-Richtlinie der EU eingeführt wurde, hat sich als Instrument zur Anwerbung hochqualifizierter Zuwanderer aus Drittstaaten bewährt. Allein 2016 sind über 6.600 Personen nach Deutschland eingereist, denen eine Blue Card erteilt wurde. Dennoch ist das Potenzial dieses Instruments bei Weitem noch nicht ausgeschöpft: Deutschland und andere EU-Staaten brauchen hochqualifizierte Fachkräfte. Die EU muss sich daher stärker als bislang als attraktiver Einwanderungskontinent für Hochqualifizierte positionieren und bekannt machen.

Foto: Dmitry Filatov | (c) SVR/Michael Setzpfandt
Dmitry Filatov, Foto: SVR/Michael Setzpfandt

Wir stellen Ihnen Dmitry Filatov vor, der Dank Blue Card für ein IT-Unternehmen in Deutschland arbeitet und uns seine Sicht der Dinge schildert.

Dmitry Filatov hat in St. Petersburg (Russland) Mathematik und Informatik studiert. Er arbeitete zunächst für IT-Teams in Großbritannien und Frankreich. Dann entschied er sich gezielt für Berlin, weil diese Stadt nicht nur kulturell viel bietet und viele IT-Start-ups dort ansässig sind, sondern auch relativ nah an St. Petersburg liegt, wo seine Frau zu jener Zeit lebte. Um in Deutschland zu arbeiten, musste Dmitry Filatov von Russland aus eine Blue Card beantragen. Im Mai 2013 bekam er dann eine vorübergehende Arbeitserlaubnis, die in eine Blue Card umgewandelt wurde. Er arbeitet nun seit Juli 2013 als Chief Technology Officer für ein IT-Unternehmen im Berliner Umland. Die Blue Card zu bekommen war relativ einfach, dasVerfahren beanspruchte aber einige Zeit. „Das gesamte Verfahren hat fünf Monate gedauert. Bei diesem Prozess, der an sich einfach zu organisieren ist, muss man viel in deutscher Sprache kommunizieren, was für mich noch ein Problem ist. Ich war sehr froh, dass mein Arbeitgeber mich unterstützte. Es wäre sehr gut, wenn die deutschen Behörden die nötigen Informationen auch in englischer Sprache zur Verfügung stellen würden.“ Dmitry Filatov hat das Glück, in einem Team zu arbeiten, in dem die Arbeitssprache Englisch ist. Aber im Alltag gibt es häufiger Verständigungsschwierigkeiten, deshalb lernt er jetzt nebenbei Deutsch. Das Wichtigste nach dem Start in Deutschland war für ihn, möglichst schnell seine Frau nachzuholen, was sich schwieriger gestaltete als erwartet. „Meine Frau hätte theoretisch, da ich eine Blue Card habe, besonders einfach eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen müssen. Aber das Ganze zog sich über Monate hin, weil bei den Behörden der Andrang so groß ist. Schließlich hat sie selbst eineBlue Card beantragt – sie ist Mikrobiologin –, und das hat schnell zum Erfolg geführt: Seit Januar 2014 leben wir nun endlich wieder zusammen.“

Weitere Informationen zur Blue Card finden Sie im Jahresgutachten 2014 (S. 74–75) und in der Pressemitteilung vom 31. Juli 2014.