Elternbeteiligung: Warum sie stärker in den Blick rücken muss
Berlin, Dezember 2014. Das Elternhaus ist ein wichtiger Faktor für den Bildungserfolg eines Kindes: Daten belegen, dass die größten Lernerfolge bei Kindern erst dann erzielt werden, wenn Lernen nicht nur in Kita oder Schule stattfindet, sondern auch durch die Eltern unterstützt wird. Die Einbindung der Eltern in das Geschehen an Kitas und Schulen ist daher mehr als eine freundliche Geste. Eltern müssen die Gelegenheit haben, aktiv mitzuwirken, und dabei sollten sie von Kitas und Schulen ermutigt und unterstützt werden. Für die Einwanderungsgesellschaft, in der wir leben, heißt das dreierlei: Eltern mit Zuwanderungsgeschichte müssen den gleichen Zugang zu allen Angeboten von Kita und Schule haben wie Eltern ohne Migrationserfahrung. Diese Angebote müssen sich daher stärker an ihrer Lebensrealität orientieren und sie müssen interkulturell sensibel sein – letzteres ist für Kitas bislang nur an rund ein Viertel der Einrichtungen der Fall. Das erhebliche Potenzial effektiver Elternbeteiligung wird noch stark unterschätzt. Chancengleiche Teilhabe für alle Kinder kann ein großes Stück vorankommen, wenn dieses Thema in den kommenden Jahren stärker auf die Agenda von Politik und Bildungsexperten gesetzt wird und in der Praxis konsequent Anwendung findet.
Wir stellen Ihnen Imad Zalloum vor, der sich sowohl in der Kita als auch in der Schule seiner Kinder als Elternvertreter engagiert.
Imad Zalloum ist in Jordanien aufgewachsen und kam 1995 für sein Studium der Biotechnologie nach Berlin. Da er in dieser Zeit seine heutige Frau, eine Deutsche, kennen lernte, blieb er in Deutschland und nahm 2008 auch die deutsche Staatsangehörigkeit an. Heute arbeitet er als wissenschaftlicher Außendienst für ein Biotechnologieunternehmen. Imad Zalloum hat zwei Söhne (4 und 6 Jahre) und ist sowohl in der Kita als auch in der Schule Elternvertreter. „Ich bin so erzogen worden, dass es selbstverständlich ist, sich in seinem Umfeld zu engagieren. Für mich ist die Arbeit als Elternvertreter eine gute Möglichkeit, mitzugestalten.“ Für Eltern mit wie ohne Migrationshintergrund sieht er vor allem zwei Vorteile, sich zu engagieren: „Die Beteiligung in Kita oder Schule kann Eltern mehr Selbstvertrauen geben und als Elternvertreter wird man auch einfach viel besser über bestehende Angebote informiert, was gerade für Eltern mit Migrationshintergrund wichtig sein kann.“ An der Arbeit als Elternvertreter ist ihm besonders der enge Kontakt zu Lehrern, Erziehern und anderen Eltern wichtig. „Ich sehe mich da als Brückenbauer.“ Er selbst hatte keine Probleme, einen Kitaplatz zu bekommen und sieht auch in der Kita und der Schule, auf die seine Kinder gehen, schon viel erreicht – dort hat man kulturelle Vielfalt gut im Blick. Als Vertreter seiner Kita im Bezirkselternausschuss weiß er aber auch, dass die Situation nicht überall so entspannt ist. Die Aufgabe, Eltern einzubinden, sieht er aber nicht nur bei Kitas und Schulen. „Eltern sollten viel mehr Selbstinitiative zeigen, sie müssen auch einmal über ihren Schatten springen, um ihre Interessen besser durchsetzen zu können.“ Wenn er einen Wunsch frei hätte, um bestehende Strukturen zu verbessern, würde er sich wünschen, dass es für alle Kinder ausreichend Kitaplätze gibt – um sicherzustellen, dass jedes Kind frühzeitig nach seinem Bedarf gefördert werden kann. Die Einführung des Betreuungsgelds hält er daher für einen Schritt in die falsche Richtung.
Detaillierte Informationen zum Thema Elternbeteiligung finden Sie in den folgenden Publikationen:
Eltern als Bildungspartner: Wie Beteiligung an Grundschulen gelingen kann
Kitas als Brückenbauer. Interkulturelle Elternbildung in der Einwanderungsgesellschaft
Migrantenorganisationen in der kooperativen Elternarbeit: Potenziale, Strukturbedingungen, Entwicklungsmöglichkeiten
Hürdenlauf zur Kita: Warum Eltern mit Migrationshintergrund ihr Kind seltener in die frühkindliche Tagesbetreuung schicken
Baustelle Elternarbeit: Eine Bestandsaufnahme der Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhaus