Veranstaltungen – Sachverständigenrat
„Das Ankommen gestalten: Zuwanderung von Fachkräften in den Gesundheits- und Pflegeberufen“
Fachgespräch zum SVR-Jahresgutachten 2022 am 10. November 2022 in Dresden
Der Sachverständigenrat für Integration und Migration lud am 10. November Expertinnen und Experten aus Sachsen zu einem regionalen Fachgespräch nach Dresden ein. Dr. Holger Kolb, Leiter des Bereichs Jahresgutachten, stellte hierbei in Vertretung des erkrankten Prof. Dr. Hans Vorländer das aktuelle Jahresgutachten „Systemrelevant: Migration als Stütze und Herausforderung für die Gesundheitsversorgung in Deutschland“ vor.
In seinem Vortrag erläuterte Dr. Holger Kolb zunächst, dass Fachkräfte mit Migrationshintergrund einen essentiellen Beitrag zur Gesundheitsversorgung in Deutschland leisten. Fast ein Viertel aller Erwerbstätigen in den Gesundheits- und Pflegeberufen hatte 2019 eine eigene oder familiäre Einwanderungsgeschichte. Ein Großteil dieser Menschen ist selbst zugewandert. Um die Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen zu verbessern, fordert der SVR einen Effizienz- und Transparenzschub bei den Verfahren. Außerdem müsse die Integration zugewanderter Fachkräfte in den Einrichtungen und am neuen Wohnort stärker mitgedacht und unterstützt werden.
Die anschließende vertrauliche Diskussion mit den Teilnehmenden aus Politik, Kommunen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft wurde von der SVR-Geschäftsführerin Dr. Cornelia Schu moderiert.
In der Diskussion wurde einhellig betont, dass nach einer erfolgreichen Anwerbung vor allem das Ankommen und die Aufnahme vor Ort eine große Rolle dabei spielt, um die Zugewanderten zu halten. Dazu gehörten neben dem Beruf auch passender Wohnraum, Kita- und Schulplätze oder Anknüpfung an den öffentlichen Nahverkehr. Ohne eine Willkommenskultur in den Kommunen und Behörden könne man im Wettbewerb um die umworbenen Ärztinnen und Ärzte sowie das begehrte Pflegepersonal nicht bestehen. Dies gelte zumal in den ländlichen Regionen. Hier ist man besonders auf Gesundheitsfachkräfte aus dem Ausland angewiesen, wie das SVR-Jahresgutachten zeigt, da beispielsweise Ärztinnen und Arzte mit ausländischem Pass deutlich häufiger in Kliniken und in ländlichen Regionen arbeiten als ihre Kollegenschaft mit deutschem Pass.
Diskutiert wurde auch der administrative Optimierungsbedarf: Wünschenswert wäre es, wenn sich die zuständigen Stellen besser koordinierten und enger zusammenarbeiten. Insbesondere wurde über die Spezialisierung zuständiger Behörden beim Anerkennungsverfahren auf Berufsgruppen und Länder als Option diskutiert, damit länderspezifische Expertise aufgebaut und die Effizienz der Verfahren und die individuelle Betreuung der Menschen verbessert werden kann. Außerdem wurde die Einführung von Modulausbildungen als Weg begrüßt, um Standardisierung mit individuellen Bedürfnissen bei Anpassungsqualifizierungen zu verbinden.
Diskutiert wurde auch über die Frage, wie die Politik die Einrichtungen des Gesundheitssystems unterstützen kann. Große Einrichtungen könnten die nötigen Ressourcen für eine umfassende Praxisanleitung der Zugewanderten, ihre Einarbeitung und die Unterstützung beim Ankommen dabei eher zur Verfügung stellen als kleine Gesundheits- und Pflegeunternehmen wie z.B. ambulante Pflegedienste. Hier fehle es nicht nur an finanziellen Mitteln für die Anerkennungs- und Nachweisverfahren, sondern auch an entsprechendem Wissen über den Ablauf der Prozesse sowie zeitliche Kapazitäten.