Veranstaltungen – Sachverständigenrat
Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen – Chancen, Herausforderungen, Lösungsansätze
Fachkonferenz zur Vorstellung des SVR-Jahresgutachtens am 25. April 2017 in Berlin
Am 25. April 2017 stellte der SVR das neu erschienene Jahresgutachten mit dem Titel „Chancen in der Krise: Zur Zukunft der Flüchtlingspolitik in Deutschland und Europa“ im Tagungszentrum Hotel Aquino in Berlin einem breiten Fachpublikum vor. An der Fachkonferenz nahmen rund 140 Vertreter aus Politik und Zivilgesellschaft teil.
Im Zentrum der SVR-Fachkonferenz stand einer der zentralen Aspekte des SVR-Jahresgutachtens 2017: Bedingungen für eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen. Nach einem einführenden Vortrag diskutierte der SVR-Vorsitzende Prof. Dr. Thomas K. Bauer dazu mit Verantwortlichen aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung.
Eröffnet wurde die Fachkonferenz von Rüdiger Frohn, Staatssekretär a. D. und Vorsitzender des Kuratoriums des Sachverständigenrats. Er ordnete die Bedeutung des SVR-Jahresgutachtens in die politischen Entwicklungen in Deutschland, Europa und der Welt ein und hob hervor, wie wichtig es ist, „die aufklärende Kraft der Wissenschaft für die großen Probleme dieser Zeit nutzbar zu machen.“
In seinem Vortrag erklärte der SVR-Vorsitzende Prof. Bauer, dass die öffentliche Diskussion zur Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt in der Vergangenheit stark polarisiert war: Zunächst wurde die Flüchtlingszuwanderung als mehrheitlich willkommene Lösung für Deutschlands demographische Umwälzungen sowie den in einigen Branchen und Regionen bereits jetzt akuten Fachkräftemangel begrüßt. Die Arbeitsmarktintegration galt entsprechend fast als Selbstläufer. Anschließend folgte eine Phase der Ernüchterung, in der Flüchtlinge als Belastung für den Arbeitsmarkt betrachtet wurden. Prof. Bauer betonte, dass sich in dieser Frage mittlerweile eine realistische Sicht durchgesetzt hat. Es wurde erkannt, dass für die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen Zeit und Ressourcen notwendig sind, dass diese aber – unter der Voraussetzung richtiger politischer Weichenstellungen – langfristig durchaus gelingen kann.
In der anschließenden Diskussion stand die Frage „Wie kann die Integration von Schutzsuchenden in den Arbeitsmarkt gelingen?“ im Fokus. Dazu diskutierte der SVR-Vorsitzende mit Staatssekretär Thorben Albrecht, Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Dr. Toufic El Masri, stellvertretender Geschäftsführer, Leiter Migrantische Unternehmen der Handelskammer Hamburg, Friedhelm Siepe, Geschäftsführer Integration und Fördern der Bundesagentur für Arbeit und Eva Welskop-Deffaa, bis Februar 2017 im Bundesvorstand der ver.di. Moderiert wurde die Podiumsdiskussion durch Gerhard Schröder vom Deutschlandradio. Zum Einstieg in die Diskussion zeigte der SVR einen Kurzfilm, in dem Unternehmer ihre Erfahrungen und Erwartungen im Rahmen der Beschäftigung von Flüchtlingen beschrieben und Forderungen an die Politik formulierten.
Im Rahmen der Diskussion betonte Staatssekretär Thorben Albrecht, dass „wir mit den Menschen viel arbeiten müssen“ und wies damit auf die hohe Bedeutung des Erwerbs wichtiger Schlüsselqualifikationen für den Arbeitsmarkt hin, z. B. Deutschkenntnisse. Dr. Toufic El Masri erläuterte, dass die Bereitschaft der Unternehmen, Flüchtlinge einzustellen sehr groß sei. Jedoch müssten ihnen häufig die nötigen Kenntnisse über mögliche Hindernisse und Hürden (z. B. administrativer Art) bei der Einstellung von Flüchtlingen vermittelt werden, damit sie sich „nicht beim ersten Kontakt die Hände verbrennen“ und ihre anfängliche Euphorie abflacht. Eva Welskop-Deffaa ergänzte dazu, dass „viel operative Arbeit zwischen dem guten Willen und der Tat“ wichtig sei, um den Arbeitgebern einerseits die objektiven Hürden (z. B. geringe Deutschkenntnisse) und andererseits die perspektivischen Chancen zu verdeutlichen (z. B. Mehrsprachigkeit). Welskop-Deffaa lobte außerdem den SVR-Vorschlag der Teilzeitausbildung als sinnvolles Instrument, um die Gegenüberstellung vom kurzfristigen Niedrigverdienst und mehrjähriger Ausbildung aufzubrechen und junge Geflüchtete zu motivieren, eine Ausbildung aufzunehmen. Der SVR-Vorsitzende Prof. Bauer erklärte, dass Zivilgesellschaft, Verwaltung und Politik angesichts des rapiden Anstiegs der Flüchtlingszuwanderung im Jahr 2015 plötzlich vor einer Situation gestanden hätten, als müsse ein „Kreisklasseverein plötzlich in der Bundesliga Fußball spielen“: Anfangs habe vieles schlichtweg nicht geklappt, mittlerweile funktionierten die Strukturen jedoch weitgehend. Friedhelm Siepe bestätigte dies und betonte, dass die Strukturen in relativ kurzer Zeit auf- und ausgebaut worden seien: In den letzten eineinhalb Jahren sei die Strecke sehr holprig gewesen, mittlerweile sei sie jedoch „gut asphaltiert“.
Insgesamt waren sich die Teilnehmer der Diskussion einig, dass bei der Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt mehr Geduld aufgebracht werden müsse. Gleichzeitig zeigten sie sich jedoch optimistisch, dass diese langfristig gelingen wird, sofern die politischen und administrativen Weichen richtig gestellt sind.
Fotos:SVR/Michael Setzpfandt