Veranstaltungen – Sachverständigenrat
Fachkräfte aus Drittstaaten – Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz und seine regionale Umsetzung
Fachgespräch zum SVR-Jahresgutachten am 23. September 2019 in Stuttgart
Während das SVR-Jahresgutachten 2019 auf die Integrations- und Migrationspolitik der letzten Jahre zurückblickt und eine Bilanz der Entwicklungen zieht, richtete das Fachgespräch, welches der SVR am 23. September gemeinsam mit der Robert Bosch Stiftung und der Freudenberg Stiftung veranstaltete, den Blick nach vorne auf das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FKEG). Im Zentrum des Fachgesprächs mit rund 25 Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft stand die Frage, welche Zuzugsmöglichkeiten durch das Gesetz eröffnet werden und wie es regional umgesetzt werden kann.
Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden der Geschäftsführung der Robert Bosch Stiftung, Prof. Dr. Joachim Rogall, stellte die Vorsitzende des Sachverständigenrats, Prof. Dr. Petra Bendel, das im März 2020 in Kraft tretende FKEG und seine Neuerungen vor. Laut Bendel sind die Zuwanderungsmöglichkeiten für Akademikerinnen und Akademiker bereits jetzt sehr liberal. Fachkräfte mit beruflicher Ausbildung hingegen haben es schwerer und bekommen nur einen Aufenthaltstitel, wenn sie einen Arbeitsvertrag haben und eine Ausbildung in einem Mangelberuf nachweisen können. Durch das FKEG erhalten beruflich Qualifizierte nahezu dieselben Zuzugsmöglichkeiten wie akademische Fachkräfte, so Bendel. Die Beschränkung auf Mangelberufe werde aufgehoben und beruflich Qualifizierte können künftig auch für die Arbeitsplatzsuche einreisen unter der Voraussetzung, dass die im Ausland erworbene Qualifikation anerkannt wird. Außerdem gebe es auch verbesserte Möglichkeiten für die Nachqualifikation, sofern die im Ausland erworbenen Qualifikationen nicht als gleichwertig anerkannt werden, sowie für die Ausbildungsplatzsuche für Personen unter 25 Jahren, die gute deutsche Sprachkenntnisse besitzen und einen Abschluss an einer deutschen Auslandsschule vorweisen können.
Darüber hinaus habe das Gesetz neben der regulativen-ordnungspolitischen auch eine symbolische-kommunikative Wirkung, wie Bendel hervorhob. Während bislang mit zahlreichen Ausnahmen die Erwerbstätigkeit von Personen aus Drittstaaten grundsätzlich verboten sei, sei nun mit einigen wenigen Ausnahmetatbeständen durch das FKEG die Erwerbstätigkeit grundsätzlich erlaubt. Da es in Baden-Württemberg einen großen Fachkräftebedarf gebe, könne die kommunikative Wirkung genutzt werden, um mehr beruflich Qualifizierte und Ausbildungsplatzsuchende aus dem Ausland anzuwerben. Schließlich wies Prof. Bendel darauf hin, dass mit dem FKEG auch prozedurale Neuerungen geschaffen werden, die die Verfahren deutlich beschleunigen können. Während Landesregierungen zur Beschleunigung und Bündelung von Aufgaben zentrale Ausländerbehörden schaffen können, haben die ausländischen Fachkräfte die Möglichkeit, Arbeitgeber zur Beantragung von beschleunigten Verfahren zu bevollmächtigen.
Sarah Fuchs, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Freudenberg Stiftung, hob in ihrem Kommentar die Symbolwirkung des FKEG hervor. Einerseits sei es auf politischer Ebene als ein Beitrag gegen die Diskursverschiebung durch die neuen Rechten zu verstehen. Andererseits signalisiere es, dass Deutschland aufgrund der hohen Bedarfe auf Zuwanderung angewiesen sei. Die Freudenberg Stiftung, so Fuchs, bemängele aber die hohen Hürden, wodurch eher privilegierte Ausländerinnen und Ausländer von dem Gesetz profitieren. Damit deren Familien bleiben, seien auch weitere Investitionen in das Bildungssystem nötig.
Ottilie Bälz, Leiterin des Themenbereichs Gesellschaft bei der Robert Bosch Stiftung, betonte die Rolle von Unternehmen bei der Anwerbung von Arbeitskräften. Da für ausländische Fachkräfte mit Berufsausbildung und Auszubildende aus Drittstaaten kaum Anwerbestrategien existieren, seien regionale Kooperationen von Unternehmen gefragt, koordinierte Strategien zu entwickeln. Der Alten- und Krankenpflegebereich, der von einem Fachkräftemangel besonders betroffen sei, könne von einem koordinierten Vorgehen besonders profitieren. Wie Bälz unterstrich, dürfe dabei die Integration der eingewanderten Fachkräfte nicht aus dem Blick geraten, da sie auch Unterstützung bei der Ankunft und beim Spracherwerb benötigen.
In der anschließenden Diskussion mit den Teilnehmenden aus Landtag, Ministerien, Verwaltung, Kammern und Verbänden war unter anderem die Anerkennung von Qualifikationen Thema. Dabei spiele die Flexibilisierung der Anerkennungsverfahren und die Zusammenarbeit von Unternehmen und Behörden eine wichtige Rolle, um Anerkennungsverfahren zu verbessern. Auch die strategischen Möglichkeiten, Fachkräfte anzuwerben und zu halten, wurden angesprochen, die durch das FKEG im Rahmen von Anwerbeabkommen mit Drittstaaten künftig bestehen.